Die Oberfläche des Salton Sea reflektiert das gleißende Sonnenlicht. Sedimente färben das Wasser mal grünlich, am Rande des Bildes bald bläulich. Die Kamera, die dieses sanfte Flackern und Fließen festhält, schwebt weit über einem weißen Rechteck. Auf diese Struktur inmitten des zunächst nur durch die Kadrage begrenzten Gewässers bewegt sie sich langsam zu, bevor sie sich in sachte arrangierten Einstellungen auf der kleinen, verwitterten Plattform umsieht. Lukas Marxts Filme interessieren sich für Eingriffe; für Formen, die in eine scheinbar natürliche Umgebung eingebracht werden. Sie sind Zeugnisse eines Einschreibens in die Natur: In ihr stiftet der Mensch mithilfe von Maschinen Ordnung, übt Macht aus. Seine Spuren sind entsprechend gradlinig, setzen Gewachsenem Gebautes, dem Fließenden Funktion entgegen. Marxts technisch bewaffnetes Auge nimmt an dieser Ästhetik der standardisierenden Intervention teil, infiltriert sie subtil. In MARINE TARGET ergänzt indes Marcus Zilz’ Sound diese verschrobene Präzision von Marxts Bildern um psychedelische Ornamente – und einen popkulturellen Tribut an die kalifornische Wüste. Das weiße Rechteck auf dem See beherbergt Messgeräte. Inmitten des Unwirtlichen wird dokumentiert. Instrumente registrieren den Wind, machen Bilder. Es sind Blicke eines Apparates. 1944/45 hatte die US-Navy hier die ideale Höhe einer Atombombenexplosion erforscht, in „Project Y“ studierte man ballistisches und aerodynamisches Verhalten verschiedener Bombentypen mithilfe von Testzielen. Noch immer erscheint Marine Target 10MA von seinem ehemaligen Zweck kontaminiert: Vögel verwesen, Metall rostet auf längst getrocknetem Schlamm. Zwischen leichschenkligen Stahlkonstruktionen künden verlassene Nester von gescheiterten Versuchen, hier Leben zu stiften. MARINE TARGET registriert all dies, schichtet die Historie des Ortes über seine Bilder, bevor der Film selbst zum Testziel wird. (Alexander Scholz)
Cast & Crew
Regie
Lukas Marxt
Festivalteilnahmen/Preise
2022 65 DOK Leipzig Viennale 2023 52 IFFR Rotterdam
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