Theaterstück aus Interviewsequenzen von Lukas Rietzschel
Auf einer Wahlversammlung treffen Menschen aufeinander, Politiker und Wähler, Presse und Parteikollegen, politische Gegner. Die Spannung ist groß kurz vor der Wahl. Es gibt zwei aussichtsreiche Kandidaten – den Bürgermeister und Samuel W. – und jede Menge Fragen: „Wer ist Samuel W.? Ein Gedanke? Eine Idee? Steht Samuel W. für einen Ort? Oder für eine Zeit? Ist er wir?“Im Auftrag des Gerhart-Hauptmann-Theaters hat Lukas Rietzschel ein Stück geschrieben. Es stellt viele Fragen und besteht, das stellt der Autor dem Werk voran, aus einhundert Gesprächen. Zwischen Januar und September 2022 hat der Romancier und Theaterautor, der seit einigen Jahren in Görlitz lebt, diese unter anderem in der Neißestadt geführt und so könnte man, stünde da nicht das Adjektiv „beispielhaft“ im Titel, meinen, es spiele ganz ohne Zweifel in unserer Region. Ja, Lukas Rietzschel zeichnet zwar das Leben eines Politikers nach, der in der DDR geboren ist, in einer Gegend mit Braunkohlegruben, mit Smog, Ruß und Dreck, mit Menschen, die darüber nachdenken, ob sie ihre Heimat verlassen müssen, weil sie nicht mehr lebenswert ist – doch dies alles gibt es ja nicht nur hier. Und dann ist da dieser Samuel W., der nicht auftritt und doch immer anwesend ist, der Politiker wird und einer offensichtlich radikalen Partei beitritt, obwohl er doch hier… oder etwa, weil er hier aufgewachsen ist? „Ist er wir? Einer von uns?“Wie kommt es, dass der eine sich radikalisiert, während der andere Konsens und Aussöhnung sucht – das ist Lukas Rietzschels großes Thema. Jetzt hat er für unser Theater ein Stück geschrieben. Beispielhaft.